Ebookreader – Amazon Kindle, DRM Sucks (Teil 2)

Was bisher geschah: Nichts!

Oder: ich habe festgestellt, dass man gekaufte eBooks nicht lesen kann!

Nach einigem Gesuche finde ich dann doch noch die Möglichkeit Kontakt direkt zu MobiPocket aufzunehmen (kaum vorstellbar, dass dies eine Amazon Company sein soll – vielleicht behaupten die das auch nur, um unbedarfte Kunden – wie mich – über den Tisch zu ziehen?).
Für einen anständigen Online-Shop hätte ich die Hürde zu einem Direkt-Kontakt wesentlich niedriger erwartet (ich brauche nicht zu erwähnen, dass MobiPocket eine Amazon Company ist! :-))
Ich schreibe eine Beschwerde, dass ich ein (bzw. mehrere) Bücher gekauft hätte, diese Bücher aber auf dem Amazon Kindle nicht zu lesen seien und ich daher mein Geld zurückerstattet bekommen möchte.

Da ich mit Amazon selbst noch kein negatives Kauferlebnis hatte, wende ich mich auch per Mail an Amazon, um nachzufragen warum ich denn Produkte einer Amazon Company nicht auf einem Amazon Produkte lesen könne? Außerdem musste ich noch anmerken, dass mir die Fehlermeldung „You got an error son!.“ ein wenig sauer aufgestoßen ist.
Natürlich lästigerweise alles auf Englisch, da der neue Kindle nur bei Amazon.com erhältlich ist.

Man sollte meinen, dass bei MobiPocket auf Geld-Zurück-Anfragen direkt die rote Warnlampe angeht. Dem ist nicht so. Offensichtlich gehört MobiPocket eher zu der Sorte „ehemaliger Bundeskanzler“ (das sitzen wir jetzt mal so richtig aus — gääähn)

Aber Amazon antwortet prompt (ok, dank Globalisierung schlug meine abendliche Anfrage in den USA zu den Geschäftszeiten auf):

Hello,

Mobipocket non-DRM (digital rights management) books are compatible with Kindle. Books purchased from Mobipocket or retailers who use the Mobipocket format with DRM are not.

We look forward to seeing you again soon.

Immerhin eine Reaktion und die postwendend (noch dazu sehr professionell freundlich).

Ah ha! „non-DRM“ oder „DRM“, das ist hier also die Frage.
Ich verstehe nur Bahnhof!
Dunkel kriecht in mir aus grauer Vorzeit die dunkle Erinnerung hoch, dass ich vor Jahren eine neu gekaufte CD auf meinem altertümlichen CD-Player nicht abspielen konnte. Wegen DRM.
Das hatte mich doch damals schon mächtig aufgeregt! Ich dachte, diese Phase der Wir-Können-Unseren-Kunden-Auch-Zumuten-Sie-Als-Kriminelle-Zu-Beleidigen wären wir mittlerweile hinweg? Geht das Problem, das die Musik-Industrie mit ihren zahlenden Kunden hatte, jetzt in die zweite Runde mit der Verleger-Industrie?
Hat denn da niemand etwas dazu gelernt?

Oder anders gefragt:

Hat denn keiner der Verleger mal die Muße gehabt, die DRM-Musik-Erfahrung auf Bücher zu übertragen?

Ich möchte doch nur mein gekauftes Buch lesen! Ich beschäftige mich also nochmal näher mit dem ganzen Drumherum bei MobiPocket.
Die haben mittlerweile schon den 3. Tag nichts von sich hören lassen.

Aha, ich brauche eine Freischaltung für die Bücher! Hä? Reicht bezahlen heute nicht mehr aus? Und dann darf (oh danke) ich die Bücher auf einem Device lesen. Also, z.B. auf meinem Computer. Gut, wenn ich jetzt das eBook auf einem PDA (der auf gar keinen Fall von Amazon stammen darf) lesen möchte, dann muss ich das Buch für den PDA „freischalten“.

Hääää? Wenn ich jetzt unterwegs bin, würde ich ja gerne das Buch auf einem mobilen eBookReader lesen. Zu Hause allerdings ziehe ich vielleicht das größere Display vor oder möchte gerne etwas nachschlagen, während der mobile Reader ausgeschaltet in der Ecke liegt. DAS geht aber nicht. Bzw. ich muss dann nur

  1. auf die Website von MobiPocket gehen
  2. die alte Freischaltung löschen
  3. den neuen Devicenamen angeben
  4. warten bis die neue Freischaltung erfolgt ist
  5. und dann das Buch erneut herunterladen

Ich hänge noch sehr an den Papierbüchern, daher hier der passende Vergleich aus meiner Kundensicht:

MobiPocket (oder das Verlagshaus) möchten mir zwar das Lesen des Buches im Zug erlauben, aber zu Hause darf ich es dann nicht lesen. Ich muss mich vorher entscheiden an welchem Ort ich das Buch gerne lesen möchte!!!

Geht’s noch?

Kommt mir nicht mit dem Argument, dass ich dann zwei Kopien des Buches habe. Das ist genauso schwachsinnig wie zu sagen: Wenn die DRM-CD nicht funktioniert, kauf dir halt einen neuen CD-Player. Ich verstehe ja die Angst vor Raubkopiererei, aber ich vertraue doch schon dem Verlagshaus mein Geld an und da möchte ich doch nicht im Gegenzug als potenzieller Raubkopierer, sondern vor allem als Kunde betrachtet werden!!!

Ich suche ein wenig weiter.

Offensichtlich hat dieses Problem bereits Science-Fiction Autor Joseph Rhea erkannt. Er stellt im Kindle-Forum bereits im Januar 2010 fest, dass es zumindest bei Amazon als Autor/Verleger möglich ist zwischen DRM und non-DRM zu wählen. Um ihn hier gleich zu zitieren: „If you buy the new DRM-FREE Kindle version of Cyberdrome, I am authorizing you to read it wherever you want, whenever you want, on as many platforms as you want, so long as you both shall live.“

Und etwas später: „What none of us want, however, is for someone to put their DRM-free ebook on a server where everyone can download it for free. That is not only illegal, but it would make authors like myself rethink our generosity, and force us back into DRM encryption, which would be sad…“

Joseph Rhea stellt seine Bücher konsequent ohne DRM auf Amazon ein, so dass der Leser auch lesen kann (so wie es in der Amazon Kindle-Einleitung beschrieben war) und sich nicht mit irgendwelchen Kompatibilitätsproblemen herumschlagen muss!

Und wo ich gerade beim Zitieren bin, auf Spiegel Online wird es sehr schön beschrieben. Ich zitiere aus dem verlinkten Artikel Ronald Schild (Geschäftsführer von Libreka): „Dateien per DRM zu schützen, empfehlen wir nicht.“
Und schon damals (vor einem Jahr) liest man weiter im Artikel: „Ärger über den Kopierschutz (digitales Rechtemanagement, DRM) hat in der Musikindustrie jahrelang viele legale Angebote unattraktiv gemacht.“
Und weiter: „Heute verzichten die Online-Musikhändler auf den Kopierschutz – denn bei ihnen führt weniger DRM offenbar zu mehr Verkäufen.“

Hallo! Hört mich (Kunde) jemand? Oder: hört mal jemand auf die Fachleute?

Ich unterdessen habe mich an den Vorschlag von Amazon aus der ersten Mail gehalten, die da besagt: „non-DRM books are compatible with Kindle“
Danke für den Tipp!

Leider ist das (für mich moralisch nicht) illegale Entfernen des DRM mit Problemen verbunden. Eingebettet Bilder sind dabei unkenntlich geworden. Bei Fachbüchern ist das ganz klarer Mist. Vor allem weil ich ja das Buch gekauft habe. Kruzitürken nochemol!

Leider kann man auf der MobiPocket-Seite nicht erkennen, ob das Buch nun DRM hat oder nicht. D.h. als Kunde mache ich beim Kauf eher Glücksspiel.

Die Buchdetail-Seite sieht z.B. so aus:
Buch auf MobiPocket.com
Hier kann ich nicht mal das Format erkennen, das ich da erstehe (ok, bei MobiPocket ist es wohl MobiPocket). Aber ich sehe nicht mal ob es sich um ein DRM-Buch handelt, oder nicht. Eigentlich, lieber Shop, interessiert mich das als Käufer auch nicht. Ich möchte nur lesen!!!

Daher habe ich für MobiPocket einen kleinen Tipp, um zukünftigen Kundenverärgerungen und Refunds vorzubeugen. Ein ganz kleiner, winziger Hinweis auf der Website (oder noch besser bei jedem Buch), dass diese Buch DRM-geschützt ist würde ja schon reichen.

Nur im Kleingedruckten kurz erwähnen. So dass der kundige Leser es finden kann, wenn er genau hinschaut.

Ich stelle mir das etwa so vor:

Kennzeichnung für Amazon-Produkte, die nicht Amazon-Produkte sind

Klein, übersichtlich!

Nachtrag: Amazon hat sich bei mir gemeldet und wird sowohl die MobiPocket-Bücher (MobiPocket ist also tatsächlich eine Amazon Company) als auch den Kindle zurücknehmen.

Dass das eBook-Experiment dermaßen in die Hose ging, finde ich sehr enttäuschend.

Wie haltet ihr das mit eBooks? Habt ihr einen eBookReader? Welche Formate lest ihr da?

PS: Wie schon im ersten Artikel erwähnt ist der Kindle mittlerweile in Deutschland erschienen.
Um nochmal darauf hinzuweisen: Das Gerät selbst ist toll.
Keine Reflektionen auf dem Display, auch bei Sonnenschein gut lesbar und keine Fingerabdrücke auf dem Display. Der Kindle liegt gut in der Hand und fasst sich gut an.
Die Darstellung der Schrift auf dem Display ist unschlagbar gut. Darauf würde ich sogar gerne lesen (und ich hasse normalerweise das Lesen vom Display).

5 Kommentare zu „Ebookreader – Amazon Kindle, DRM Sucks (Teil 2)“

  1. Eigentlich wollte ich mir ja einen Ebookreader kaufen….
    Aber jetzt werde ich die Sache wohl noch einmal überdenken!
    Danke für deinen Komentar!

  2. Oh, ich wollte dich nur ein bisschen abschrecken 🙂
    Zumindest solltest du vorher schauen welche Formate die Ebooks haben und ob überhaupt die Ebooks, die dich interessieren, vorhanden sind (im richtigen Format).

  3. Hab seit über einem Jahr einen Kindle, registriert bei Amazon.com und zahlreiche Bücher heruntergeladen und durchgelesen. Sowohl auf dem Kindle (mittlerweile die dritte Generation) als auch auf dem iPod, PC und einem Android Smart Phone. Alles mit einem Account, alles ohne irgend welche Probleme. Zusätzlich noch durch die lächerlich niedrigen Preise bei Amazon.com + den schwachen Dollar mehr Geld gespart als mich der Kindle gekostet hat.

  4. Hallo,

    deine Story ist (auch wenn wirklich herrlich schön zu lesen) echt erschreckend. Ich habe mir gerade den Kindle 4 vorbestellt und hoffe nicht, daß ich derartige Probleme erleben werde. Hast du jetzt inzwischen einen anderen Reader ? Wenn ja welchen ?

    Schöne Grüsse

    Markus

    1. Danke für deinen Kommentar.
      Nein, ich habe keinen neuen Reader … bin noch zu sehr abgeschreckt.
      Ich hoffe immer noch darauf, dass die Verleger ihre Kunden endlich zum Mittelpunkt machen.
      Würde mich über Updates von dir freuen.

Kommentarfunktion geschlossen.

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner